Recht
Die Durchführung von Tierversuchen ist sowohl mit ethischen als auch mit rechtlichen Aspekten verbunden. In vielen Ländern wurden zur Regelung der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Gewährleistung des Tierschutzes spezielle Gesetze und Verordnungen erlassen.
Ein zentraler Bestandteil ist das Tierschutzrecht. Es dient dem Schutz der Rechte und des Wohlergehens der Tiere. Innerhalb des Tierschutzrechts spielt die Verordnung zum Schutz von Versuchstieren (TierSchVerV) eine herausragende Rolle. Diese Verordnung legt detaillierte Standards fest, die bei der Planung, Durchführung und Auswertung von Tierversuchen zu beachten sind und sorgt dafür, dass Tierversuche nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn keine Alternativmethoden zur Verfügung stehen und der mögliche Nutzen den möglichen Schaden am Tier überwiegt.
Ein wichtiger Schritt zur Durchführung eines Tierversuchs ist ein Tierversuchsantrag, der von den Forschern gestellt und von den Behörden geprüft und genehmigt werden muss. Im Tierversuchsantrag muss der Forscher den wissenschaftlichen Nutzen des Versuchs erläutern, die Anzahl und Art der verwendeten Tiere angeben und darlegen, welche Maßnahmen getroffen werden, um das Leiden der Tiere zu schützen und zu minimieren.
Eine weitere wichtige Rechtsgrundlage im Bereich der Tierversuche ist die EU-Richtlinie 2010/63/EU. Diese Richtlinie legt Standards fest, die von allen EU-Mitgliedsstaaten eingehalten werden müssen, um das Wohlergehen von Tieren in Tierversuchen zu gewährleisten.
Insgesamt verdeutlichen die genannten Rechtsgrundlagen, dass Tierversuche nach strengen ethischen und rechtlichen Standards durchgeführt werden müssen, um das Wohlbefinden der Tiere zu schützen und gleichzeitig den Fortschritt in der Forschung zu ermöglichen.
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add Tierschutzgesetz
Im Deutschen Tierschutzgesetz (TierSchG) sind die verschiedenen Bereiche des Tierschutzes geregelt. Tiere werden nach dem Gesetz um ihrer selbst willen geschützt: Hier spiegelt sich das Verständnis unserer Gesellschaft wieder, die einen ethisch verstandenen Tierschutz anstrebt. Im Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, § 90a) wurde die formale Gleichstellung des Tieres mit Sachen beseitigt. Tiere haben hiernach einen Eigenwert, den es zu beachten und zu berücksichtigen gilt und wir sind verpflichtet, im täglichen Umgang den Tieren gegenüber diese Verantwortung zu tragen. Darüber hinaus wurde der Tierschutz auch als sogenanntes Staatsziel ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen (Art. 20a Grundgesetz). Staatsziele sind Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung, die die fortdauernde Beachtung oder Erfüllung spezieller Aufgaben vorschreiben. In der Präambel des TierSchG (§ 1) kommt der Selbstwert des Tieres zum Ausdruck
„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“.
Gestützt wird diese Präambel durch Forschungsergebnisse aus der Tierphysiologie und Verhaltensforschung, die gezeigt haben, dass Tiere fähig sind Schmerzen und Leiden wahrzunehmen und zu empfinden. Begriffe wie Wohlbefinden, Schmerzen, Leiden und Schäden sollen dies darstellen. Letztere dürfen nicht ohne vernünftigen Grund zugefügt werden.
Das deutsche Tierschutzrecht ist im Sinne der Verantwortung des Menschen für das Tier auf einen ethischen Tierschutz ausgerichtet. Das Tierschutzgesetz zielt jedoch nicht darauf ab, Tieren jegliche Beeinträchtigung ihres Lebens und Wohlbefindens zu ersparen. Solange der Mensch Tiere nutzen oder auch bekämpfen muss (Schädlinge), wird das Tierschutzrecht Einschränkungen des Schutzanliegens der Tiere gestatten müssen. Schmerzen, Leiden oder Schäden, die ohne vernünftigen Grund zugefügt werden und die vermeidbar sind sollen Tieren nicht zugefügt werden. Wenn den Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden müssen, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Leben und Wohlbefinden der Tiere dürfen nur nach sorgfältiger Güterabwägung und bei Vorliegen gewichtiger Gründe in vertretbarem Umfang eingeschränkt werden. Das Verständnis für den schonenden Umgang mit Tieren kann nicht allein durch gesetzliche Bestimmungen geweckt werden. Es kommt vor allem auf das verantwortungsvolle Handeln des Einzelnen an. Dazu müssen jedoch die rechtlichen Bestimmungen bekannt sein und ihr Inhalt verstanden werden. Bei der Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken sowie zur Aus-, Fort- und Weiterbildung sind die tierschutzrechtlichen Bestimmungen sowohl bei der Haltung und Betreuung, als auch bei den Eingriffen und Behandlungen zu beachten. Gut ausgebildetes Pflegepersonal kann entscheidend zum Wohlbefinden der Tiere beitragen, indem rechtzeitig Störungen des Wohlbefindens der Tiere erkannt und dadurch unnötige Schmerzen, Leiden und Schäden erspart werden.
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add TierSchVersV
Das Hauptziel der Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) ist es, das Wohlergehen der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere zu gewährleisten und gleichzeitig Fortschritte in Forschung und Entwicklung zu ermöglichen. Die Verordnung legt detaillierte Anforderungen fest, die Forscher und Einrichtungen erfüllen müssen, um sicherzustellen, dass Versuchstiere angemessen gehalten, gepflegt und behandelt werden.
Ein zentraler Aspekt der TierSchVersV ist die Verpflichtung zur Einhaltung ethisch vertretbarer Grundsätze im Umgang mit Versuchstieren. Dazu gehören die Vermeidung oder Verminderung von Schmerzen, Leiden und Schäden der Tiere sowie die Gewährleistung einer adäquaten tierärztlichen Versorgung. Darüber hinaus gelten strenge Anforderungen an die Haltung und Unterbringung der Tiere, um ihr Wohlbefinden zu gewährleisten. Dazu gehören z. B. ein ausreichendes Platzangebot, geeignete Umweltbedingungen und die Möglichkeit, natürliche Verhaltensweisen ausleben zu können.
Die TierSchVersV sieht auch vor, dass Versuche an Tieren durch Alternativmethoden ersetzt werden sollen, soweit dies möglich ist. Dies bedeutet, dass Forscher verpflichtet sind, nach Alternativen zu Tierversuchen zu suchen, mit denen Ergebnisse ohne den Einsatz von Tieren erzielt werden können. Ziel ist es, die Verwendung von Versuchstieren auf das notwendige Maß zu beschränken und das Leiden der Tiere zu minimieren.
Die Einhaltung der TierSchVersV wird durch regelmäßige Kontrollen und Überwachung durch die zuständigen Behörden sichergestellt. Wer gegen die Verordnung verstößt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, die von der Verhängung von Bußgeldern bis hin zum Verbot der weiteren Verwendung von Tieren für wissenschaftliche Zwecke reichen können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Verordnung eingehalten und ein angemessener Tierschutz gewährleistet wird.
Insgesamt spielt die TierSchVersV eine entscheidende Rolle bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Tiere und den Anforderungen der wissenschaftlichen Forschung. Sie bietet einen gesetzlichen Rahmen, der es ermöglicht, ethische Standards bei der Verwendung von Versuchstieren zu gewährleisten und gleichzeitig den Fortschritt in der Forschung zu fördern. Mit ihren Bestimmungen trägt die Verordnung dazu bei, einen verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren zu fördern.
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add Tierversuchsantrag
Der Antrag auf Genehmigung eines Tierversuchs ist ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens zur Durchführung eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts, bei dem Tiere verwendet werden.
Ein Tierversuchsantrag umfasst eine detaillierte Beschreibung des geplanten Forschungsvorhabens, einschließlich der wissenschaftlichen Fragestellung, der angewandten Methoden, der verwendeten Tierarten und der geplanten Anzahl der Tiere. Darüber hinaus werden ethische Aspekte wie der Tierschutz und die Minimierung von Leiden berücksichtigt.
Ein wichtiger Bestandteil des Antrags ist die nichttechnische Projektzusammenfassung (NTP , engl. Non Technical Project Summary), die das Forschungsvorhaben in verständlicher Sprache zusammenfasst und die Ziele, den Kontext, die Relevanz und die potenziellen Auswirkungen des Experiments beschreibt. Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Vermittlung der Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit und andere interessierte Parteien.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Antrags ist das so genannte 3R-Prinzip. In einem Tierversuchsantrag müssen daher Fragen beantwortet werden, die sich auf die Berücksichtigung des 3R-Prinzips beziehen. Dazu gehören unter anderem die Darlegung, dass es keine Alternative zum Tierversuch gibt, die Begründung für die Anzahl der benötigten Tiere und die Beschreibung von Verbesserungsmaßnahmen in den Versuchen und der Haltung der Tiere. Dadurch soll das Leiden der Tiere auf ein Minimum reduziert werden.
Die Genehmigung eines Tierversuchsantrags erfolgt durch die zuständigen Behörden. Diese prüfen den Antrag auf ethische Vertretbarkeit, wissenschaftliche Relevanz und Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen. Erst nach einer positiven Beurteilung wird der Antrag genehmigt und die Durchführung des Forschungsvorhabens gestattet.
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add 2010/63/EU
Die "Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere" regelt den Umgang mit Tieren, die für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke innerhalb der Europäischen Union verwendet werden. Dabei ist das Wohlergehen von Tieren ein Wert der Union, der in Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert ist (Erwägungsgrund 2 RL 2010/63/EU).
Ziel der Richtlinie 2010/63/EU ist es, das Wohlbefinden von Versuchstieren zu gewährleisten und gleichzeitig die Entwicklung und Anwendung alternativer Methoden zu fördern, um Tierversuche zu vermeiden, zu vermindern oder zu verbessern (3R-Prinzip).
Die Richtlinie legt klare Standards und Verfahren für die Genehmigung von Tierversuchen und die Überwachung der Durchführung von Tierversuchen fest. Sie betont die Bedeutung einer ethischen Bewertung aller Tierversuche vor ihrer Genehmigung sowie die Förderung alternativer Methoden, um die Verwendung von Tieren in der Forschung zu minimieren.
Ein weiterer Schwerpunkt der Richtlinie ist die Gewährleistung des Wohlergehens der Tiere während der Haltung und der Versuchsdurchführung. Sie legt strenge Anforderungen an die Unterbringung, die Ernährung, die medizinische Versorgung und die Schmerzbehandlung fest und fordert, dass Stress und Leiden auf ein Minimum reduziert werden.
Durch die Festlegung klarer Standards und Verfahren soll sichergestellt werden, dass Tierversuche nur dann durchgeführt werden, wenn sie unerlässlich sind, und dass sie mit der größtmöglichen Sorgfalt und unter Berücksichtigung des Wohlbefindens der betroffenen Tiere durchgeführt werden.
© LAS interactive
Weiterführende Informationen
Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV)
Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere : Aus- und Fortbildungsrahmen (kann in mehreren Sprachen runtergeladen werden)
Genehmigungsverfahren für Tierversuche (Tierversuche verstehen)
OER vonTwillo
(niedersächsisches Portal für Open Education Resources (OER) in der Hochschullehre)
Drei in Deutschland relevante Gesetzestexte für Tierversuche, ihr Bezug zum 3R-Konzept und ethische Erwägungen (Autoren: Christian Gruber; Elias Warzecha)
Drei in Israel relevante Gesetzestexte für Tierversuche, ihr Bezug zum 3R-Konzept und ethische Erwägungen (Autoren: Elias Warzecha; Bernhard Hiebl)
Zwei in den USA relevante Gesetzestexte für Tierversuche, ihr Bezug zum 3R-Konzept und ethische Erwägungen (Autor: Elias Warzecha)
Umgang mit dem moralischen Status von Menschen und Tieren in drei in Europa relevanten Gesetzestexten (Autor: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover)